meikel
Mitglied Silber
- Fahrzeug
- Opel Corsa und Citroen Jumper
Hallo zusammen,
mir ist aufgefallen, dass es zum Thema „Schadstoffe beim Autoabgas“ sehr emotionale Äußerungen gibt. Oft sind die Gründe für die schlechten Abgaswerte auch nicht bekannt. Deshalb versuche ich (im Zuge des neuen US-Dieselskandals mit Chrysler-Fiat) mit diesem Thread zum einen zu informieren und zum anderen eine sachliche Diskussion zu führen. Also bitte keine Beleidigungen oder Beschimpfungen in Richtung Autobauer, Politik, Autoverkäufer usw. Denn das bringt uns nicht wirklich weiter. Und entschuldigt bitte den langen Text, aber kürzer habe ich es nicht hinbekommen.
Ausgangslage
Nun zur Problematik: Nach der EU steht jedem Bürger das Recht auf Gesundheit zu. Damit wird auch die gesunde Atemluft zu einem Rechtsgut. Aus diesem Grund müssen seit 1993 neuzugelassene Kraftfahrzeuge die Euro 1 Norm erfüllen. Mit dieser Regelung sollte der Ausstoß der gesundheitsschädlichen Schadstoffe Kohlen(stoff)monoxid (CO), Stickoxide (NOx), Kohlenwasserstoffe (HC) und beim Diesel sowie beim Benzin-Direkteinspritzer der Feinstaub bzw. die Partikelmasse (PM) reduziert werden.
Abgasreinigung mit Bauteilschutz
Mit der Euro 1 Richtlinie konnte der Automobilverband die Klausel des Bauteilschutzes durchsetzen. Nach dem Bauteilschutz darf zum Schutze des Materials der Lamdawert von 1 abweichen. Bei Lamda gleich 1 wird eine vollständige Verbrennung erreicht, wodurch nahezu keine Schadstoffe mehr freigesetzt werden. Bei einem Lamdawert kleiner 1 ist zu wenig Sauerstoff vorhanden (fettes Gemisch) und die Schadstoffe HC und CO nehmen deutlich zu. Ist der Lamdawert größer als 1, wird ein mageres Gemisch gebildet, wodurch sehr viel NOx ausgestoßen wird. (Bei Dieselmotoren ist Lamda bauartbedingt immer größer als 1.) Durch ein mageres Gemisch erreicht man geringere Verbräuche, durch ein fettes Gemisch wird der Motor leistungsfähiger und spritziger.
Stuft man den Bauteilschutz als Ausnahmeregelung ein, macht diese Klausel auch Sinn. Denn wenn unter hoher Last eine thermische Überlastung auftreten sollte, kann die Abgasreinigung geschädigt werden. Ein Fahrzeug würde bis zur nächsten AU (TÜV) mit defekter Abgasreinigung weiter fahren (also bis zu 2 Jahre lang). Sofern der Bauteilschutz die Beschädigung vermeiden kann und sie die nächsten Jahre weiter störungsfrei funktionieren würde, wäre eine kurzfristige Abschaltung das kleinere Übel. Der Materialschutz kann auch hohe Reparaturkosten für den Autofahrer verhindern. Durch den Bauteilschutz können die Fahrzeuge auch günstiger hergestellt werden, da die Belastung geringer ausfällt und billigere Materialien verwendet werden können Nach der Klausel liegt es im Ermessen des Herstellers, die Abgasreinigung zu reduzieren oder abzuschalten.
Abgasuntersuchung AU
Bei der AU wird ausschließlich der CO-Anteil gemessen (Endrohrprüfung). Die Messung findet (bei Fahrzeugen mit Erstzulassung bis 2005) erst im Leerlauf und dann bei einer Drehzahl von 3.000 - 3.500 Umdrehungen pro Minute statt. Der Lamdawert darf zwischen 0.97 und 1.03 liegen.
Da ausschließlich der CO-Gehalt bestimmt wird, ist eine Aussage über die fehlerfreie Funktion der Abgasreinigung nur bedingt möglich. Dafür ist die Messung relativ einfach und kostengünstig (ca. 30 bis 40 €). Die Messgeräte kosten etwa 20.000 €, was von den meisten Werkstätten noch bezahlbar ist. Durch den Bauteilschutz haben die Autobauer die (legale) Möglichkeit, oberhalb von 3.500 Umdrehungen pro Minute die Abgasregelung zu reduzieren oder ganz abzuschalten. Derartige Manipulationen werden durch die AU nicht erfasst. Dadurch hängt der Motor besser am Gas, beschleunigt besser und erreicht höhere Geschwindigkeiten. Vor allem bei schwach motorisierten Fahrzeugen ist die Spritzigkeit des Motors oft kaufentscheidend.
Für Fahrzeuge mit einer Erstzulassung ab 2006 entfällt die Endrohrprüfung. Da die Elektronik eigentlich alle Fehler des Motors und der Abgasreinigung speichert, reicht für die AU der Anschluss der Onboard-Diagnose (OBD) aus. Der VW-Skandal (Diesel-Gate) hat allerdings gezeigt, dass die Software nicht (wie erwartet) über die fehlerhafte Abgasreinigung informierte. Doch die OBD-AU hat noch eine weitere Tücke. Mit der Endrohrprüfung war die Manipulation der Abgasreinigung erst ab 3.500 Umdrehungen pro Minute möglich, damit das Fahrzeug eine AU besteht. Beschränkt man die AU nur auf das Auslesen des Fehlerspeichers, also ohne das überhaupt eine Prüfung stattfindet, lässt sich die Abgasreinigung bei jeder Drehzahl manipulieren. Da der Bauteilschutz rechtlich nicht begrenzt ist, wäre diese Manipulation in Europa sogar legal.
Damit das Fahrzeug die Messung auf dem Rollenprüfstand besteht, schaltet die Motorelektronik auf ein anderes Kennlinienfeld um und der Motor läuft sauber. Um im normalen Fahrbetrieb den Verbrauch zu optimieren, arbeitet der Motor im unteren Lastbereich zu mager. Um wiederum die Leistung zu optimieren, ist das Gemisch im oberen Lastbereich zu fett. Durch diese Manipulation steigt der Schadstoffausstoß erheblich an. Durch mehrere Tests mit modernen Dieselautos nach Euro 6c mit SCR-Filter und Speicherkat zeigte sich, das die Fahrzeuge die Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten, weil Teile der Abgasreinigung ausgeschaltet oder reduziert wurden. Ohne Softwaretricks konnten die Fahrzeuge die Grenzwerte im gesamten Lastbereich einhalten.
Um der Softwaremanipulation der Hersteller entgegenzuwirken, wird ab 2017 die Endrohrprüfung für alle Fahrzeuge eingeführt. Damit nun die neueren Fahrzeuge die AU bestehen, muss der Bauteilschutz durch ein Software-Update wieder auf den oberen Lastbereich begrenzt werden. Da die modernen Motoren mit Direkteinspritzung (Diesel und Benzin) vor allem die Schadstoffe NOx und PM ausstoßen, ist die Messung des CO-Gehaltes mittels Endrohrprüfung nicht ausreichend.
Viele Umwelt-Organisationen fordern deshalb für die AU eine Prüfstandsmessung, wodurch alle relevanten Schadstoffe (CO, NOx, HC, PM) ermittelt werden. Die Kosten einer derartigen Messeinrichtung läge allerdings im sechsstelligen Bereich. Viele Werkstätten wären nicht mehr in der Lage, die AU durchzuführen. Außerdem würden sich die Kosten für die Durchführung der AU deutlich erhöhen (ca. 100 €). Auch würden durch die Prüfstandsmessung Defekte aufgedeckt, die repariert werden müssen, wodurch sich weitere die Kosten für die Fahrzeughalter ergeben würden.
Situation:
Gemessen am Schadstoffausstoß vor 1993 hat sich die Lage deutlich verbessert. Mit einer konsequenteren Abgasreinigung könnte jedoch der Schadstoffanteil in den Städten erheblich reduziert werden. In den meisten Fällen wäre dazu nur ein Software-Update erforderlich, um den Bauteilschutz nur im Ausnahmefall einzusetzen. (Nachteil: höherer Verbrauch und geringere Leistung!)
Unterschied USA - Europa:
In den USA ist der Bauteilschutz verboten und wird als vorsätzlicher Betrug rechtlich geahndet. Dafür ist der (für den Menschen völlig ungefährliche) CO2-Ausstoß nicht relevant. In Europa spielt der CO2-Ausstoß zur Klimarettung einen entscheidenden Faktor. Durch den Bauteilschutz nimmt wiederum der Schadstoffausstoß eine geringere Priorität ein.
Diskussion:
Was ist nun sinnvoll? Durch den Bauteilschutz haben die Autofahrer geringere Kosten und mehr Fahrspaß. Ist es sinnvoll dafür höhere Schadstoffemissionen in Kauf zu nehmen? Was ist Eure Meinung?
mir ist aufgefallen, dass es zum Thema „Schadstoffe beim Autoabgas“ sehr emotionale Äußerungen gibt. Oft sind die Gründe für die schlechten Abgaswerte auch nicht bekannt. Deshalb versuche ich (im Zuge des neuen US-Dieselskandals mit Chrysler-Fiat) mit diesem Thread zum einen zu informieren und zum anderen eine sachliche Diskussion zu führen. Also bitte keine Beleidigungen oder Beschimpfungen in Richtung Autobauer, Politik, Autoverkäufer usw. Denn das bringt uns nicht wirklich weiter. Und entschuldigt bitte den langen Text, aber kürzer habe ich es nicht hinbekommen.
Ausgangslage
Nun zur Problematik: Nach der EU steht jedem Bürger das Recht auf Gesundheit zu. Damit wird auch die gesunde Atemluft zu einem Rechtsgut. Aus diesem Grund müssen seit 1993 neuzugelassene Kraftfahrzeuge die Euro 1 Norm erfüllen. Mit dieser Regelung sollte der Ausstoß der gesundheitsschädlichen Schadstoffe Kohlen(stoff)monoxid (CO), Stickoxide (NOx), Kohlenwasserstoffe (HC) und beim Diesel sowie beim Benzin-Direkteinspritzer der Feinstaub bzw. die Partikelmasse (PM) reduziert werden.
Abgasreinigung mit Bauteilschutz
Mit der Euro 1 Richtlinie konnte der Automobilverband die Klausel des Bauteilschutzes durchsetzen. Nach dem Bauteilschutz darf zum Schutze des Materials der Lamdawert von 1 abweichen. Bei Lamda gleich 1 wird eine vollständige Verbrennung erreicht, wodurch nahezu keine Schadstoffe mehr freigesetzt werden. Bei einem Lamdawert kleiner 1 ist zu wenig Sauerstoff vorhanden (fettes Gemisch) und die Schadstoffe HC und CO nehmen deutlich zu. Ist der Lamdawert größer als 1, wird ein mageres Gemisch gebildet, wodurch sehr viel NOx ausgestoßen wird. (Bei Dieselmotoren ist Lamda bauartbedingt immer größer als 1.) Durch ein mageres Gemisch erreicht man geringere Verbräuche, durch ein fettes Gemisch wird der Motor leistungsfähiger und spritziger.
Stuft man den Bauteilschutz als Ausnahmeregelung ein, macht diese Klausel auch Sinn. Denn wenn unter hoher Last eine thermische Überlastung auftreten sollte, kann die Abgasreinigung geschädigt werden. Ein Fahrzeug würde bis zur nächsten AU (TÜV) mit defekter Abgasreinigung weiter fahren (also bis zu 2 Jahre lang). Sofern der Bauteilschutz die Beschädigung vermeiden kann und sie die nächsten Jahre weiter störungsfrei funktionieren würde, wäre eine kurzfristige Abschaltung das kleinere Übel. Der Materialschutz kann auch hohe Reparaturkosten für den Autofahrer verhindern. Durch den Bauteilschutz können die Fahrzeuge auch günstiger hergestellt werden, da die Belastung geringer ausfällt und billigere Materialien verwendet werden können Nach der Klausel liegt es im Ermessen des Herstellers, die Abgasreinigung zu reduzieren oder abzuschalten.
Abgasuntersuchung AU
Bei der AU wird ausschließlich der CO-Anteil gemessen (Endrohrprüfung). Die Messung findet (bei Fahrzeugen mit Erstzulassung bis 2005) erst im Leerlauf und dann bei einer Drehzahl von 3.000 - 3.500 Umdrehungen pro Minute statt. Der Lamdawert darf zwischen 0.97 und 1.03 liegen.
Da ausschließlich der CO-Gehalt bestimmt wird, ist eine Aussage über die fehlerfreie Funktion der Abgasreinigung nur bedingt möglich. Dafür ist die Messung relativ einfach und kostengünstig (ca. 30 bis 40 €). Die Messgeräte kosten etwa 20.000 €, was von den meisten Werkstätten noch bezahlbar ist. Durch den Bauteilschutz haben die Autobauer die (legale) Möglichkeit, oberhalb von 3.500 Umdrehungen pro Minute die Abgasregelung zu reduzieren oder ganz abzuschalten. Derartige Manipulationen werden durch die AU nicht erfasst. Dadurch hängt der Motor besser am Gas, beschleunigt besser und erreicht höhere Geschwindigkeiten. Vor allem bei schwach motorisierten Fahrzeugen ist die Spritzigkeit des Motors oft kaufentscheidend.
Für Fahrzeuge mit einer Erstzulassung ab 2006 entfällt die Endrohrprüfung. Da die Elektronik eigentlich alle Fehler des Motors und der Abgasreinigung speichert, reicht für die AU der Anschluss der Onboard-Diagnose (OBD) aus. Der VW-Skandal (Diesel-Gate) hat allerdings gezeigt, dass die Software nicht (wie erwartet) über die fehlerhafte Abgasreinigung informierte. Doch die OBD-AU hat noch eine weitere Tücke. Mit der Endrohrprüfung war die Manipulation der Abgasreinigung erst ab 3.500 Umdrehungen pro Minute möglich, damit das Fahrzeug eine AU besteht. Beschränkt man die AU nur auf das Auslesen des Fehlerspeichers, also ohne das überhaupt eine Prüfung stattfindet, lässt sich die Abgasreinigung bei jeder Drehzahl manipulieren. Da der Bauteilschutz rechtlich nicht begrenzt ist, wäre diese Manipulation in Europa sogar legal.
Damit das Fahrzeug die Messung auf dem Rollenprüfstand besteht, schaltet die Motorelektronik auf ein anderes Kennlinienfeld um und der Motor läuft sauber. Um im normalen Fahrbetrieb den Verbrauch zu optimieren, arbeitet der Motor im unteren Lastbereich zu mager. Um wiederum die Leistung zu optimieren, ist das Gemisch im oberen Lastbereich zu fett. Durch diese Manipulation steigt der Schadstoffausstoß erheblich an. Durch mehrere Tests mit modernen Dieselautos nach Euro 6c mit SCR-Filter und Speicherkat zeigte sich, das die Fahrzeuge die Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten, weil Teile der Abgasreinigung ausgeschaltet oder reduziert wurden. Ohne Softwaretricks konnten die Fahrzeuge die Grenzwerte im gesamten Lastbereich einhalten.
Um der Softwaremanipulation der Hersteller entgegenzuwirken, wird ab 2017 die Endrohrprüfung für alle Fahrzeuge eingeführt. Damit nun die neueren Fahrzeuge die AU bestehen, muss der Bauteilschutz durch ein Software-Update wieder auf den oberen Lastbereich begrenzt werden. Da die modernen Motoren mit Direkteinspritzung (Diesel und Benzin) vor allem die Schadstoffe NOx und PM ausstoßen, ist die Messung des CO-Gehaltes mittels Endrohrprüfung nicht ausreichend.
Viele Umwelt-Organisationen fordern deshalb für die AU eine Prüfstandsmessung, wodurch alle relevanten Schadstoffe (CO, NOx, HC, PM) ermittelt werden. Die Kosten einer derartigen Messeinrichtung läge allerdings im sechsstelligen Bereich. Viele Werkstätten wären nicht mehr in der Lage, die AU durchzuführen. Außerdem würden sich die Kosten für die Durchführung der AU deutlich erhöhen (ca. 100 €). Auch würden durch die Prüfstandsmessung Defekte aufgedeckt, die repariert werden müssen, wodurch sich weitere die Kosten für die Fahrzeughalter ergeben würden.
Situation:
Gemessen am Schadstoffausstoß vor 1993 hat sich die Lage deutlich verbessert. Mit einer konsequenteren Abgasreinigung könnte jedoch der Schadstoffanteil in den Städten erheblich reduziert werden. In den meisten Fällen wäre dazu nur ein Software-Update erforderlich, um den Bauteilschutz nur im Ausnahmefall einzusetzen. (Nachteil: höherer Verbrauch und geringere Leistung!)
Unterschied USA - Europa:
In den USA ist der Bauteilschutz verboten und wird als vorsätzlicher Betrug rechtlich geahndet. Dafür ist der (für den Menschen völlig ungefährliche) CO2-Ausstoß nicht relevant. In Europa spielt der CO2-Ausstoß zur Klimarettung einen entscheidenden Faktor. Durch den Bauteilschutz nimmt wiederum der Schadstoffausstoß eine geringere Priorität ein.
Diskussion:
Was ist nun sinnvoll? Durch den Bauteilschutz haben die Autofahrer geringere Kosten und mehr Fahrspaß. Ist es sinnvoll dafür höhere Schadstoffemissionen in Kauf zu nehmen? Was ist Eure Meinung?