Oh, habe ich gerade Logistik und Produktionsplanung gehört?
Vorab ich kann nicht beurteilen ob UliBe zu ungeduldig war, da ich hier im Faden keine Informationen über die Lieferzeiten oder die Verzögerungen von ihm gelesen habe. Aber:
Aktuell kann das keiner. Und wenn, dann nur weil sie einen so unglaublich großen Puffer einrechnen, dass es auf jeden Fall klappt. Wir können gerne diskutieren, wieso ich einen BMW in 2 Monaten bekomme und ein Dacia 6 Monate benötigt, aber das ist eine andere Baustelle.
Ja, und Renault setzt zum Beispiel SAP ein. Da wird im Werk - wenn die Bestellung eingeht - ein Planauftrag angelegt. Mit groben Eckterminen wird die Produktion des Fahrzeugs geplant. Aber auch nur geplant, gebaut wird da noch gar nichts. Auf einem Video sieht es so aus, als könnten sie in Pitesti in Losgröße 1 fertigen, sonst dauert selbst die Planung noch länger.
Im Automotivebereich wird meist nach JIT (just-in-time) die Ware von den Lieferanten geliefert, es gibt meist nur eine kleine Lagerhaltung, die eventuell - wenn überhaupt - für wenige Tage reicht. Ein anderer Teil der Ware liegt vielleicht noch in den LKW der Speditionen, die gegen Standgeld auch als Lager missbraucht werden.
Ansonsten werden Lieferplanabrufe erzeugt, d.h. die Lieferanten werden informiert, wann genau sie welches Teil zu liefern haben. (verschiedene Planungshorizonte lassen wir bitte mal weg ,-)
Kommt auch nur ein Lieferant nicht zum vorgesehenen Liefertermin, steht alles. Gründe, wieso gerade dieses Jahr Lieferanten Probleme hatten, gab es aufgrund von Covid viele. In einigen Ländern ist Lock-Down - in anderen nicht. In einigen Ländern konnte produziert werden, in anderen nicht. Manche Grenzen waren auf, andere nicht. Das ist schon mal eine sehr große Unschärfe.
Irgendwann wird aus dem Planauftrag ein Fertigungsauftrag und die Produktion des Fahrzeugs startet. Gibt es bei einem Mitarbeiter einen positiven Corona-Test, sind zumindest er und seine direkten Kollegen in Quarantäne. Gut möglich, dass ich mein Schichtsystem anpassen oder die Anzahl der Einheiten pro Tag reduzieren muss.
Sollen von Lohnarbeitern noch Teile ans Band geliefert werden, wird es noch schwieriger, die sind meist nicht so groß, dass sie mehrere Quarantäne-Mitarbeiter ersetzen könnten. Im Ergebnis steht das Band.
Ist dann der Wagen mal fertig produziert, dann wird gewartet, bis genügend Fahrzeuge für einen Transport zusammen kommen. Es hilft mir nichts, wenn 8 Fahrzeuge fertig sind, wenn davon einer nach DE und 7 nach PL gehen. Also .. steht der Wagen erstmal rum.
Hat der LKW-Fahrer ein Corona-Symptom - steht das Ding noch länger da rum, bis ein geeigneter Transport zusammengestellt werden kann. Im Dacia-System kann ich dann wahrscheinlich sehen, dass der Transport losgefahren ist, danach ist Ende mit dem Tracking. Ab da ist es eine große Wundertüte, wann das Fahrzeug wirklich ankommt.
Irgendwann kommt er dann beim Händler an. Der Wagen, die Papiere meist erst später. Erst ab dem Moment kann der Händler planen, wie lange er für die Aufbereitung vor der Übergabe benötigt.
Ist das alles schön? Garantiert nicht. Können die Händler etwas dafür? Nein.
Sollte der Wagen nicht aus Rumänien, sondern aus Afrika kommen, ist der Transport noch unplanbarer. Darf ich in Spanien einen Hafen anlaufen oder ist da Lockdown? Darf ich in den Niederlanden oder Deutschland anlegen, oder muss die Besetzung erst in Quarantäne, weil sie aus einem Risikogebiet kommt? Muss das Schiff evtl. Wochen warten, bevor es die Ladung irgendwo löschen kann?
Wenn der Zulieferer aus einem Lockdown-Gebiet kommt oder Mitarbeiter erkranken, ist das so. Man kann nicht alles im Home-Office herstellen. Aber genau das von Dir beschriebene trifft auch auf das Werk zu. Das Werk wird auch vorrangig beliefert, bevor Teile an die Werkstätten gehen.
Gott würfelt nicht. Alle anderen schon. Die rotieren auch ganz ordentlich, folgendes Beispiel.
Für die nächste Woche plane ich die Produktion von 5000 Dustern. Der Zulieferer eines Teiles kann nicht liefern. Zum Glück können die Lieferanten alle Teile für den Logan liefern. Also schmeiße ich alle Duster aus der Planung raus und ziehe die Logans vor. Wann ich die ausgefallenen Duster produziere - irgendwann später, mal sehen.
Das geht auch noch kleinteiliger, der Lieferant für die MediaNavs kann die nicht liefern. Dann werden nur die Fahrzeuge mit den anderen Radios produziert, die mit dem MediaNav werden nachproduziert, wenn ich Zeit und die Komponenten habe.
Was ich nicht erwähnt habe: Was ist, wenn während der Montage entdeckt wird, dass ein Teil Qualitätsmängel hat? Schwupps, steht das Band. Vieles kann ich mit Puffern abdecken (deswegen kommt bei einigen das Fahrzeug auch mal früher als geplant) aber leider nicht alles.
Fazit: In meinem Fall weiß ich, dass der Händler mich nicht verarscht hat. Erst Monate nach der Bestellung hat er einen groben Termin bekommen, der aufgrund von Corona nicht gehalten wurde.
Das Einzige, was ich einem Händler ankreiden würde ist, wenn er neue Informationen von Dacia hat, diese aber nicht proaktiv an den Kunden weitergibt. Das ist ein no-go. Aber solange der Händler selber keine Informationen hat - was soll er da machen?
Der Händler ist in diesen Fällen die "ärmste Sau". Auf der einen Seite das Werk, dass ihm keine Informationen gibt, auf der anderen Seite einen Kunden, der dringend wissen muss, wann sein Wagen kommt. Sei es, weil er den alten verkaufen will, der keinen TÜV mehr hat, oder oder oder.
Was bei meinem Händler (DE-Vertragshändler) richtig gut war: Nach einer wiederholten Verschiebung des Termins hat er mir einen Wagen angeboten, damit ich mobil bleibe. Dieses Fahrzeug hätte er mir für sehr sehr wenig Euros zur Verfügung gestellt. Da ich aber auf ein anders Fahrzeug zugreifen konnte, musste ich das Angebot nicht annehmen. Aber ... ich fand es super fair.
Uih, ganz schön lang geworden, sorry.