Gerade in Zeiten von Corona und den damit verbundenen Reisebeschränkungen, erfährt das Campen in Deutschland einen kaum zu bewältigen Boom.
Die Stell- und Campingplätze sind voll und ohne eine Reservierung bekommt man selbst für einen Minicamper a la Dokker oder Lodgy kaum noch ein Plätzchen am Urlaubsort.
Was liegt da näher, als einfach wild zu Campen?
Jetzt beginnt zunächst die Diskussion darüber was campen oder übernachten ist.
Um das Ganze abzukürzen, versuche ich hier einmal ein paar Informationen zusammen zu tragen, die nicht auf hören-sagen, sondern auf Vorschriften, Gesetzen und Urteilen basieren und bitte diese Informationen gerne zu ergänzen:
Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 681/2003 vom 04.08.2003
Übernachten im Wohnmobil
Das Nutzen oder Übernachten in einem Wohnmobil im öffentlichen Verkehrsraum auf Reisen zum Zwecke der Wiederherstellung der körperlichen Fahrtüchtigkeit kann erlaubter Gemeingebrauch sein. Dient das Abstellen allerdings in erster Linie dem Wohnen, so liegt nach einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des schleswig-holsteinischen OLG (Beschluß vom 17.07.2002 -1 Ss OWi 33/02( 52/02), NZV 2003, S. 347 ff.) kein Gemeingebrauch mehr vor, so daß nicht die Vorschriften der StVO Anwendung finden.
In dem beurteilten Fall hatte der Kläger sein Wohnmobil (Größe ist egal) zum Parken auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt und sodann in einer Gaststätte mehrere Gläser Wein getrunken. Er fühlte sich darauf hin nicht mehr fahrtüchtig und übernachtete in dem Wohnmobil zur Wiederherstellung seiner Fahrtüchtigkeit.
Damit diente das Übernachten im Wohnmobil nach Einschätzung des Gerichts zwar - auch - der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit, weil der Betroffene Alkohol getrunken hatte, nachdem er das Wohnmobil auf dem Parkplatz abgestellt hatte. Ein einmaliges Übernachten in einem Wohnmobil im öffentlichen Verkehrsraum stellte aber selbst dann, wenn es der Wiedererlangung der Fahrtüchtigkeit diente, keinen Gemeingebrauch eines zulässigen Parkens im Sinne von § 12 StVO dar, wenn der Fahrer bei Fahrtunterbrechung noch fahrtüchtig sei und sich erst während des Parkens durch Alkoholkonsum fahruntüchtig machte. Eine die Weiterfahrt verbietende Fahruntüchtigkeit sei nur dann geeignet, einen zulässigen Gemeingebrauch zu begründen, wenn diese Fahruntüchtigkeit selbst unmittelbare Folge der Teilnahme am Straßenverkehr sei, etwa wegen Ermüdung nach Ausschöpfung der gesetzlich vorgeschriebenen oder individuellen Fahrzeiten des Fahrzeugführers.
Diese sehr restriktive Beurteilung des schleswig-holsteinischen OLG bestätigt die seit langem von der Geschäftsstelle vertretene Rechtsauffassung, wonach das Übernachten in Wohnmobilen auf öffentlichen Straßen im Regelfall (unzulässiges) Camping und kein Parken und damit Gemeingebrauch an der Straße ist. Zum dem Gemeingebrauch unterfallenden ruhenden Verkehr zählt das Parken, insbesondere das Abstellen auf einem Parkplatz, soweit kein Campingbetrieb entfaltet wird (Herausstellen von Tischen, Stühlen usw.). Auch das Übernachten zum Zwecke der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit fällt - wie oben bestätigt - unter gewissen Voraussetzungen darunter. Erfolgt hingegen die Unterbrechung nicht nur für eine Nacht oder nicht zum Zwecke der Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit, liegt keine Teilnahme am ruhenden Verkehr mehr vor, sondern Camping. Dieses darf nach nordrhein-westfälischem Recht grundsätzlich nur auf einem zugelassenem Campingplatz stattfinden.
Az.: 470-56
Schleswig-Holstein hat diesbezüglich ihre Sichtweise noch verschärft.
Hier lässt sich noch etwas Hintergrundwissen und Strafmaße nachlesen.
Wild Campen verboten - aktueller Bußgeldkatalog 2020
Hier ein interessanter Bericht, weil es hier tatsächlich um das übernachten in einem Auto geht.
Landesnaturschutzgesetz in Schleswig-Holstein: Übernachten auf öffentlichen Plätzen verboten.
Ein Camper berichtete dieses hier:
In Kägsdorf ist übernachten verboten. Tagsüber kostet der Parkplatz für Autos, in denen man schlafen kann 15€.. 22:00 Uhr gibts ein Ticket unter den Scheibenwischer vom Ordnungsamt und früh gegen 8:00 eine Anzeige wegen illegalem Übernachten im Naturschutzgebiet für 75€.
Die meinen das wirklich ernst mit dem Übernachtungsverbot.
So werden nach und nach alle Stellplätze "verbrannt", an denen das Übernachten bis vor kurzem noch geduldet wurde.
Ich habe hierzu zwar die Quelle, aber noch keine Rechtsunterlagen. Nur diesen Link:
Strandparkplatz: Übernachten verboten
Der die Quelle auch legitimiert.
Was in einem Industriegebiet in NRW vielleicht noch hingenommen wird, sieht an Deutschlands Küsten ganz anders aus. Hier kann es schnell teuer werden, denn die Gemeinden wehren sich tatkräftig gegen das übernachten im Auto - egal wie groß es auch sein mag.
Die Küstenstreifen werden alle als Landschafts- oder sogar Naturschutzgebiete ausgewiesen, was insbesondere hier eine andere rechtliche Handhabe möglich macht.
Es wäre schön, wenn hier weitere Erfahrungen zusammengetragen werden könnten.
Das es immer Fälle gibt, bei denen man eben nicht "erwischt" wurde, ist für den Betroffenen zwar toll, kann aber einem Ratsuchenden nicht helfen.
LG Carsten