...Und beim Bremsen spielen die vorderen Räder die Hauptrolle. Deswegen vorn Scheibenbremse und hinten Trommelbremse. Wäre es umgekehrt, wäre das Auto bei einer Vollbremsung unbeherrschbar und würde brontal von der Piste fliegen. Ist halt Physik...
Ich muss das nochmal rausholen, weil es so einfach völlig falsch zu verstehen ist und einen weit verbreiteten Denkfehler zeigt. Die Dacia Trommel hat genauso viel Bremsleistung wie eine sonst verbaute kleine Scheibe hinten: ausreichend.
Als Grundlage erstmal: es sollte und darf auf keinen Fall um "gute" und "schlechte" Reifen gehen. Es geht um Unterschiede im einstelligen Prozentbereich oder gar nur im Promille-Bereich, wenn es sich beispielsweise um zeitgleich gekaufte und an der Vorderachse etwas abgefahrenere Reifen handelt. Wer meint, alte, bockharte Gummis ans Auto schrauben zu müssen, sollte in diesem thread falsch sein...
Die gesetzliche Richtlinie, ab wann ein Reifen auf Grund zu geringen Profils gewechselt werden muss, hat ja einen Hintergrund. Es ist zu erwarten, das ab dieser geringen Profiltiefe die Eigenschaft des Reifens, Wasser zu transportieren, nicht mehr ausreichend gewährleistet ist. Nur dazu gibt es ein Profil, ansonsten wäre nämlich ein Slick für 95% der PKW besser geeignete, wenn diese ausschließlich auf trockenen Straßen fahren würden!
Deshalb ist das Argument, ein abgefahrener Reifen würde schlechter Bremsen, so nicht zutreffend - das gilt nur für Nässe, auf trockener, sauberer Fahrbahn geht es ohne Profil wesentlich besser. Wer es nicht glaubt - schaut zum Motorsport. Dort, wo es nicht vorgeschrieben wird, verwendet man kein Profil. Und glaubt mir, wir reden dort über ganz andere Verzögerungen.
Zum Bremsen allgemein. 70/30 ist blöde Theorie und ein Normwert, in der Realität aber stark veränderlich und vor allem - nur ein Teil dessen, was sich beim Bremsen abspielt.
Verliert an der Vorderachse ein Rad die Traktion beim Bremsen, passiert nicht viel. Das Auto schiebt relativ gerade weiter, ignoriert eventuell die Lenkbewegung (untersteuert), behält aber seine Bahn.
Ganz anders hinten. Wenn dort der Grip an einem oder beiden Rädern weg ist, bricht das Fahrzeug aus. Schlimmer: wird gleichzeitig gelenkt (oder oft nicht einmal das), schwenkt das Heck ruckartig aus, massives Übersteuern, sehr schwer zu kontrollieren und meist mit dem Ergebnis, das dann seitlich irgendwo ein Hindernis steht/fährt. Warum das so ist -
das ist ganz einfache Physik.
Ein blockierter, bereits rutschender Reifen baut weniger Widerstand auf als einer, der diesen Zustand noch nicht hat. Wenn nun an der Vorderachse das Gripniveau geringer ist, ist das ein Richtungs-stabiles System, denn hinten wird quasi entgegengesetzt gezogen und damit stabilisiert. Fehlt hinten aber Traktion, schiebt also das Heck gegen die Front - und relativ schnell bricht diese Energie seitlich aus, weil sie es kann!
Das ist der Grund, warum Bremsen hinten wesentlich kleiner sind, sie dürfen keinesfalls vor der Vorderachse blockieren. Es sind nämlich durchaus mehr als 30% Bremsleitung machbar, aber damit geht es in den schwer kontrollierbaren Bereich.
Also: wer vernünftige, brauchbare Reifen hat (ich persönlich halte nichts von Profiltiefen unter 3mm) mit einer nicht verhärteten Mischung, fährt sicherer, wenn er die etwas abgefahreneren Profile vorn fährt. Unterschiede merkt man nur bei nasser oder verschmutzter Fahrbahn, alles andere ist leider das was es ist: eine hartnäckige Binsenwahrheit...